Medizinischer Dienst Bund|12.06.2025
PRESSEMITTEILUNG
Erster "Report Pflegebedürftigkeit" vorgestellt
Essen (kkdp)·Pflegebegutachtung modernisieren, Vernetzung für die Versicherten voranbringen
Der Medizinische Dienst hat heute den ersten "Report Pflegebedürftigkeit" vorgestellt: Die Anzahl der Pflegebedürftigen hat sich seit 2014 auf 5,6 Millionen Menschen verdoppelt. Tendenz weiter steigend. Die Anzahl der Pflegebegutachtungen beim Medizinischen Dienst ist auf über 3 Millionen angewachsen. Der Medizinische Dienst spricht sich für eine Modernisierung der Pflegebegutachtung aus, damit für die Versicherten auch in Zukunft der zeitnahe Zugang zu einer möglichst bedarfsgerechten pflegerischen Versorgung sichergestellt werden kann.
"Das Thema Pflege ist endlich auf der Agenda angekommen. Neben der finanziellen Stabilisierung der Pflegeversicherung brauchen wir nachhaltige Reformen. Die Modernisierung der Pflegebegutachtung hin zu einem initialen Fallmanagement wäre der entscheidende Schritt, damit sie einen Beitrag zur bedarfsgerechten Versorgungsplanung der Pflegebedürftigen leisten kann", sagt Carola Engler, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes Bund.
Knapp 90 Prozent der Pflegebedürftigen leben in eigener Häuslichkeit, mehr als jeder zweite davon organisiert die Versorgung ohne professionelle Unterstützung. "Die Pflegebegutachtung sollte sich auf diese Pflegesituationen fokussieren, um im Zusammenwirken mit Pflegekassen, Kommunen und weiteren Akteuren, die Pflegebedürftigen und die pflegenden Angehörigen besser unterstützen und entlasten zu können", erläutert Engler.
Die Pflegebedürftigkeit nimmt zu und sie wird weiter steigen
Die Ursache für die steigende Anzahl der Pflegebedürftigen liegt zum einen in der demografischen Entwicklung, zum anderen in der Pflegereform 2017: Damals wurde das Begutachtungsverfahren grundlegend verändert: Körperliche, kognitive, psychische und psychiatrische Beeinträchtigungen können seitdem bei der Feststellung des Pflegegrades umfassend berücksichtigt werden. Auch Menschen mit psychischen und psychiatrischen Einschränkungen können einen Pflegegrad erhalten.
Die meisten Versicherten beantragen Pflegegeld: Sie setzen auf die Pflege in der eigenen Häuslichkeit durch An- und Zugehörige ohne professionelle Hilfe. Auch diese Entwicklung nimmt zu. Im vergangenen Jahr beantragte mehr als die Hälfte der Antragstellenden Pflegegeld (57,4 Prozent); 11,6 Prozent beantragten ambulante Leistungen und 20,4 Prozent Kombinationsleistungen aus Pflegegeld und Sachleistungen; nur 10,2 Prozent stellten einen Antrag auf vollstationäre Pflege.
Fokus auf Pflegebedürftige und Angehörige ohne professionelle Unterstützung legen
Die meisten Versicherten beantragen erst dann Pflegeleistungen, wenn bereits erhebliche oder schwere Beeinträchtigung vorliegen. Schaut man sich die Ergebnisse bei den Erstbegutachtungen an, so erhielt mehr als ein Drittel der Antragstellenden (36,1 Prozent) Pflegegrad 2; 12,9 Prozent erhielten Pflegegrad 3 und rund 3,1 Prozent Pflegegrad 4. Pflegegrad 5 erhielt 1 Prozent der Antragstellenden.
Pflegegrad 1 bekamen 28,4 Prozent der Antragstellenden. Bei knapp einem Fünftel (18,5 Prozent) kamen die Gutachterinnen und Gutachter zum Ergebnis, dass zum Begutachtungszeitpunkt noch kein Pflegegrad vorlag.
Die überwiegende Mehrheit der Pflegebedürftigen lebt im eigenen Zuhause und wird von An- und Zugehörigen versorgt: Rund 85 Prozent der pflegebedürftigen Frauen und 88 Prozent der pflegebedürftigen Männer leben allein oder mit weiteren Personen in der eigenen Häuslichkeit und dies ändert sich auch bei höheren Pflegegraden nicht.
"Bei der Erstbegutachtung kommt es ganz besonders darauf an, die Weichen für die Versicherten so zu stellen, dass die Pflegesituation stabilisiert und bedarfsgerecht ausgestaltet werden kann", sagt
Dr. Tatjana Hardes, Geschäftsbereichsleitung Pflegeversicherung beim Medizinischen Dienst Westfalen-Lippe.
Empfehlungen des Medizinischen Dienstes helfen, die Selbstständigkeit zu erhalten
In der Pflegebegutachtung stellen die Gutachterinnen und Gutachter nicht nur den Pflegegrad fest, sondern sie sprechen individuelle Empfehlungen aus, um die Selbstständigkeit der Versicherten zu erhalten und einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit vorzubeugen: So erhält jede zweite bis dritte pflegebedürftige Person (62,8 Prozent) in der Erstbegutachtung eine Heilmittelempfehlung wie zum Beispiel Physiotherapie oder Ergotherapie. Knapp jede zweite pflegebedürftige Person (43 Prozent) bekommt in der Erstbegutachtung eine Hilfsmittelempfehlung zum Beispiel Gehhilfen, Dusch- und Badehilfen, Kranken- und Behindertenfahrzeuge.
"In vielen Fällen sind die Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes die ersten professionellen Kräfte mit denen die Pflegehaushalte Kontakt haben. Entsprechend hoch muss deren pflegefachliche Kompetenz sein, weil sie Hinweise geben, wie sich die Pflegesituation verbessern lässt. Die Pflegebegutachtung benötigt Vertrauen und muss weiterhin unabhängig, neutral, verlässlich und qualitätsgesichert erfolgen", sagt Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK.
Qualität in Pflegeheimen zufriedenstellend - Defizite in der Behandlungspflege
Im Rahmen der heutigen Pressekonferenz stellte der Medizinische Dienst zudem Kernergebnisse seines 8. Pflegequalitätsberichts vor. Im Jahr 2023 hat der Medizinische Dienst 9.819 Pflegeheime bundesweit überprüft. Dabei untersuchten die Qualitätsprüferinnen und -prüfer die Versorgungsqualität bei über 72.100 Bewohnerinnen und Bewohnern. Das geschieht anhand von Personenstichproben: Die Qualitätsprüferinnen und -prüfer schauen sich an, wie gut die pflegebedürftigen Menschen in den Einrichtungen versorgt werden: bei
Mobilität, Körperpflege, Essen und Trinken, Behandlungspflege und vielem anderen mehr. Werden Defizite festgestellt, so berät der Medizinische Dienst die Pflegekräfte in der Einrichtung, wie sie die Mängel beseitigen und die Versorgungsqualität verbessern können.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Versorgungsqualität in Pflegeheimen insgesamt zufriedenstellend ist und es gibt Verbesserungen: So werden Pflegebedürftige in der Eingewöhnungsphase im Pflegeheim gut unterstützt. Die Unterstützung bei der Tagesstrukturierung, Beschäftigung und Kommunikation ist ebenfalls positiv. Mängel gibt es dagegen bei der Behandlungspflege, wie z.B. bei der Wundversorgung und auch beim Umgang mit herausforderndem Verhalten.
Die Qualitätsprüfungen des Medizinischen Dienstes sind weiterhin notwendig, um die Versorgungsqualität in den Einrichtungen zu verbessern. Eine besondere Rolle spielt dabei die Beratung, die dazu beiträgt, konkrete Qualitätsverbesserungen zu erreichen. Angesichts der demografischen Entwicklung und der knappen Ressourcen, gilt es auch hier, Synergien zu nutzen und die Qualitätsprüfung weiterzuentwickeln. Es ist sachgerecht, beispielsweise Prüfintervalle für Einrichtungen, die eine gute Versorgungsqualität haben, zu verlängern.
Anm. der Redaktion: Der Originaltitel "Pflegebegutachtung modernisieren, Vernetzung für die Versicherten voranbringen" wurde ergänzt.
Der Medizinische Dienst hat heute den ersten "Report Pflegebedürftigkeit" vorgestellt: Die Anzahl der Pflegebedürftigen hat sich seit 2014 auf 5,6 Millionen Menschen verdoppelt. Tendenz weiter steigend. Die Anzahl der Pflegebegutachtungen beim Medizinischen Dienst ist auf über 3 Millionen angewachsen. Der Medizinische Dienst spricht sich für eine Modernisierung der Pflegebegutachtung aus, damit für die Versicherten auch in Zukunft der zeitnahe Zugang zu einer möglichst bedarfsgerechten pflegerischen Versorgung sichergestellt werden kann.
"Das Thema Pflege ist endlich auf der Agenda angekommen. Neben der finanziellen Stabilisierung der Pflegeversicherung brauchen wir nachhaltige Reformen. Die Modernisierung der Pflegebegutachtung hin zu einem initialen Fallmanagement wäre der entscheidende Schritt, damit sie einen Beitrag zur bedarfsgerechten Versorgungsplanung der Pflegebedürftigen leisten kann", sagt Carola Engler, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes Bund.
Knapp 90 Prozent der Pflegebedürftigen leben in eigener Häuslichkeit, mehr als jeder zweite davon organisiert die Versorgung ohne professionelle Unterstützung. "Die Pflegebegutachtung sollte sich auf diese Pflegesituationen fokussieren, um im Zusammenwirken mit Pflegekassen, Kommunen und weiteren Akteuren, die Pflegebedürftigen und die pflegenden Angehörigen besser unterstützen und entlasten zu können", erläutert Engler.
Die Pflegebedürftigkeit nimmt zu und sie wird weiter steigen
Die Ursache für die steigende Anzahl der Pflegebedürftigen liegt zum einen in der demografischen Entwicklung, zum anderen in der Pflegereform 2017: Damals wurde das Begutachtungsverfahren grundlegend verändert: Körperliche, kognitive, psychische und psychiatrische Beeinträchtigungen können seitdem bei der Feststellung des Pflegegrades umfassend berücksichtigt werden. Auch Menschen mit psychischen und psychiatrischen Einschränkungen können einen Pflegegrad erhalten.
Die meisten Versicherten beantragen Pflegegeld: Sie setzen auf die Pflege in der eigenen Häuslichkeit durch An- und Zugehörige ohne professionelle Hilfe. Auch diese Entwicklung nimmt zu. Im vergangenen Jahr beantragte mehr als die Hälfte der Antragstellenden Pflegegeld (57,4 Prozent); 11,6 Prozent beantragten ambulante Leistungen und 20,4 Prozent Kombinationsleistungen aus Pflegegeld und Sachleistungen; nur 10,2 Prozent stellten einen Antrag auf vollstationäre Pflege.
Fokus auf Pflegebedürftige und Angehörige ohne professionelle Unterstützung legen
Die meisten Versicherten beantragen erst dann Pflegeleistungen, wenn bereits erhebliche oder schwere Beeinträchtigung vorliegen. Schaut man sich die Ergebnisse bei den Erstbegutachtungen an, so erhielt mehr als ein Drittel der Antragstellenden (36,1 Prozent) Pflegegrad 2; 12,9 Prozent erhielten Pflegegrad 3 und rund 3,1 Prozent Pflegegrad 4. Pflegegrad 5 erhielt 1 Prozent der Antragstellenden.
Pflegegrad 1 bekamen 28,4 Prozent der Antragstellenden. Bei knapp einem Fünftel (18,5 Prozent) kamen die Gutachterinnen und Gutachter zum Ergebnis, dass zum Begutachtungszeitpunkt noch kein Pflegegrad vorlag.
Die überwiegende Mehrheit der Pflegebedürftigen lebt im eigenen Zuhause und wird von An- und Zugehörigen versorgt: Rund 85 Prozent der pflegebedürftigen Frauen und 88 Prozent der pflegebedürftigen Männer leben allein oder mit weiteren Personen in der eigenen Häuslichkeit und dies ändert sich auch bei höheren Pflegegraden nicht.
"Bei der Erstbegutachtung kommt es ganz besonders darauf an, die Weichen für die Versicherten so zu stellen, dass die Pflegesituation stabilisiert und bedarfsgerecht ausgestaltet werden kann", sagt
Dr. Tatjana Hardes, Geschäftsbereichsleitung Pflegeversicherung beim Medizinischen Dienst Westfalen-Lippe.
Empfehlungen des Medizinischen Dienstes helfen, die Selbstständigkeit zu erhalten
In der Pflegebegutachtung stellen die Gutachterinnen und Gutachter nicht nur den Pflegegrad fest, sondern sie sprechen individuelle Empfehlungen aus, um die Selbstständigkeit der Versicherten zu erhalten und einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit vorzubeugen: So erhält jede zweite bis dritte pflegebedürftige Person (62,8 Prozent) in der Erstbegutachtung eine Heilmittelempfehlung wie zum Beispiel Physiotherapie oder Ergotherapie. Knapp jede zweite pflegebedürftige Person (43 Prozent) bekommt in der Erstbegutachtung eine Hilfsmittelempfehlung zum Beispiel Gehhilfen, Dusch- und Badehilfen, Kranken- und Behindertenfahrzeuge.
"In vielen Fällen sind die Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes die ersten professionellen Kräfte mit denen die Pflegehaushalte Kontakt haben. Entsprechend hoch muss deren pflegefachliche Kompetenz sein, weil sie Hinweise geben, wie sich die Pflegesituation verbessern lässt. Die Pflegebegutachtung benötigt Vertrauen und muss weiterhin unabhängig, neutral, verlässlich und qualitätsgesichert erfolgen", sagt Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK.
Qualität in Pflegeheimen zufriedenstellend - Defizite in der Behandlungspflege
Im Rahmen der heutigen Pressekonferenz stellte der Medizinische Dienst zudem Kernergebnisse seines 8. Pflegequalitätsberichts vor. Im Jahr 2023 hat der Medizinische Dienst 9.819 Pflegeheime bundesweit überprüft. Dabei untersuchten die Qualitätsprüferinnen und -prüfer die Versorgungsqualität bei über 72.100 Bewohnerinnen und Bewohnern. Das geschieht anhand von Personenstichproben: Die Qualitätsprüferinnen und -prüfer schauen sich an, wie gut die pflegebedürftigen Menschen in den Einrichtungen versorgt werden: bei
Mobilität, Körperpflege, Essen und Trinken, Behandlungspflege und vielem anderen mehr. Werden Defizite festgestellt, so berät der Medizinische Dienst die Pflegekräfte in der Einrichtung, wie sie die Mängel beseitigen und die Versorgungsqualität verbessern können.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Versorgungsqualität in Pflegeheimen insgesamt zufriedenstellend ist und es gibt Verbesserungen: So werden Pflegebedürftige in der Eingewöhnungsphase im Pflegeheim gut unterstützt. Die Unterstützung bei der Tagesstrukturierung, Beschäftigung und Kommunikation ist ebenfalls positiv. Mängel gibt es dagegen bei der Behandlungspflege, wie z.B. bei der Wundversorgung und auch beim Umgang mit herausforderndem Verhalten.
Die Qualitätsprüfungen des Medizinischen Dienstes sind weiterhin notwendig, um die Versorgungsqualität in den Einrichtungen zu verbessern. Eine besondere Rolle spielt dabei die Beratung, die dazu beiträgt, konkrete Qualitätsverbesserungen zu erreichen. Angesichts der demografischen Entwicklung und der knappen Ressourcen, gilt es auch hier, Synergien zu nutzen und die Qualitätsprüfung weiterzuentwickeln. Es ist sachgerecht, beispielsweise Prüfintervalle für Einrichtungen, die eine gute Versorgungsqualität haben, zu verlängern.
Erster Report Pflegebedürftigkeit
PDF Dokument, 10 MB
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Kernergebnisse des 8. Pflegequalitätsberichts
PDF Dokument, 80 KB
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FAQ zur Pflegebegutachtung durch den Medizinischen Dienst
PDF Dokument, 139 KB
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FAQ zur Qualitätsprüfung in Pflegeheimen durch den Medizinischen Dienst
PDF Dokument, 147 KB
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8. Pflegequalitätsbericht
PDF Dokument, 2.60 MB
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Anm. der Redaktion: Der Originaltitel "Pflegebegutachtung modernisieren, Vernetzung für die Versicherten voranbringen" wurde ergänzt.
Pressekontakt:
Medizinischer Dienst Bund
Michaela Gehms, Pressesprecherin
Tel.: 0201 8327-115
Mobil: +49 (172) 3678007
m.gehms@md-bund.de